Eine Grundannahme für die Kooperation Schule und Soziale Arbeit (Jugendhilfe und Schule) zu beschreiben bringt die Frage mit sich, wovon denn ausgegangen werden soll und welche Grundannahmen vorhanden sein sollten, wenn es darum geht, Schule als eine über Jahrzehnte etablierte und (Schul)Sozialarbeit als eine am Anfang ihrer Entwicklung stehende Profession darzustellen. Das ist gar nicht so einfach. Aber gerade das macht es andererseits auch spannend. Das Wortpaar ››Schule‹‹ und ››Sozialarbeit‹‹ bezeichnet zwei eigenständige staatliche Systeme, die an einer Schnittstelle gemeinsam handeln sollen. Unterschiedliche Denkstrukturen und Hierarchien, Berufsgruppen und Ansätze stehen in Wechselwirkungen zueinander. Für gelingende Kooperationen gelten elementare Grundvoraussetzungen: Beziehung und Kommunikation. Auch wenn diese Begriffe allgemein bekannt sind, gehören sie auf besondere Weise in das systemische Vokabular.
Das Schulsystem basiert auf dem Prinzip des Gruppenunterrichts und des Leistungsvergleichs. Unterricht ist auf didaktische Themenbearbeitung ausgerichtet und zielt auf einen "Durchschnitts"-Lerner. Individuelle Abweichungen von den Standards, auf denen Schule basiert, sind nur begrenzt möglich. Ein guter Lehrer ist in erster Linie ein guter Pädagoge und Didaktiker, er hat gegenüber seinen Schülern eine Führungsrolle. Gerade aus dieser kann er neue Sichtweisen einnehmen und neue Lösungsmöglichkeiten erkennen, die ihn in vielen Situationen entlasten. Konstruktives Lehren und Lernen funktioniert mit einer intensiven Beziehungsgestaltung und sozialemotionalen Unterstützung. Ein solches Umdenken, das heißt: neue Sichtweisen einnehmen, würde Schülern, Lehrern und Eltern guttun. Es muss von Schule und ihren Lehrern selbst ausgehen. Es kann nicht gesetzlich verordnet werden. Geht man von der Selbstorganisation in sozialen Systemen aus, kann ein Weg zu mehr Beziehung und Kommunikation durchaus von der Basis ausgehen, also von den Menschen, die in Systemen leben. Und Schule kann sich verändern. Das zeigt ihre Geschichte.
Das (schul)sozialpädagogische System basiert auf dem Prinzip von „Hilfe". Die Handlungsformen der Beratung in der sozialen Arbeit verstehen sich als gesellschaftsorientierte Aufgaben in Form von Unterstützung subjektiver Bewältigungsansprüche im Rahmen sozialer Gerechtigkeit (Thiersch, 2007). In ihrer Wortkombination wird eine enge Kooperation von Jugendhilfe und Schule verstanden. Das bedeutet, dass sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften zusammenarbeiten (Schulsozialarbeiter). Ihr spezielles schulisches Aufgabenfeld wird mit Beratung für Schüler, Lehrer und Eltern und seit einigen Jahren mit der Erfüllung des Bildungs- und Teilhabepakets beschrieben. Ein guter Schulsozialarbeiter ist in erster Linie ein „Bewältiger von Vielfalt". Er ist Vertrauter. Er unterstützt bei der Diagnose und Bearbeitung von schulischen (Leistungs-)Problemen. Nicht der Schüler ist ein Problem, er hat nur eins. Um dieses zu betrachten, kann im Kontext von Familie, Schule, auch des Klassenverbandes in Absprache mit Beteiligten neu „geguckt" werden.
In beiden Systemen wird Beratung als ein wichtiger Aspekt verortet. Beratung ist die gesetzliche Aufgabe aller Lehrinnen und Lehrer und ebenso Aufgabe der Schulsozialarbeit. Deshalb werden auch Eltern-, Lehrer oder Kollegenberatung zu neuen wichtigen Themen. Eine Beratungs-Weiterbildung ermöglicht, ein Andersdenken im Sinne von Beziehung und Haltung in ein soziales System wie das der Schule hineinzutragen, um einen respektvolleren Ort für alle Beteiligten entstehen zu lassen.